Moin Klaus,aeroklaus hat geschrieben:Ölkohle auf dem Kolbenboden ist sicherlich unproblematisch, aber durch Ölkohle festsitzende Ringe sind nicht ganz ohne.
Und: wie verhält es sich mit Mischungsverhältnissen von 1/100, wie sie beispielsweise Hirth mit seinem "Bluemax" (mineralisch) vorschlägt? Man liest auch von abreissenden Ölfilmen bei hoher thermischer Belastung mit anschliessenden Klemmern/Fressern, gibt es da Unterschiede zwischen den Ölen?
LG Klaus
Mischungsverhältnis ist eine gute Frage! Es gibt Öle, in denen ist eine sogenannte "Vormischkomponente" drin. Das ist nichts anderes als ungefähr 50% einer Benzinfraktion, die dafür sorgt, dass das Öl schon vorgemischt ist und sich dann beim Tanken (Ölmenge in den Kanister und dann einfach Zapfpistole reinhalten) ohne weiteres Schütteln direkt gleichmäßig verteilt. Bei Zweitaktmotorrädern mit Gemischschmierung ist das auch ganz praktisch - Öl rein, drauf tanken und nicht den ganzen Hobel anschließend schütteln müssen Die Öle haben in der Regel eine 1:50 Mischung einzuhalten, da aber 50% Vormischkomponente sind, ist die Ölmenge, die Ihr eigentlich zugebt, die gleiche Menge wie bei einem 1:100er, welches dann aber pures Öl ohne Vormischkomponente ist.
Wir lernen also daraus eins ganz klar: 1:50 heißt nicht, dass jetzt 4% Öl drin sind, sondern es sind 4% einer Brühe drin, die etwa 50% Öl enthält, macht also ungefähr 2% Ölanteil....... Beim Bluemax scheint keine Vormischkomponente drin zu sein......habt Ihr wohl schlußendlich etwa 2% Öl drin.
Die Nummer mit den abreißenden Ölfilmen.....unfassbar, findet man auch in nahezu jedem Motorradforum......Ölfilme reissen nicht ab, basta Wir haben verschiedene Reibungszustände. Einer davon ist die Mischreibung - da gibt es keinen vollständig tragfähigen, durchgehenden Ölfilm, sondern es findet partiell Metall-Metallkontakt statt. Der Ölfilm ist also quasi immer irgendwie "abgerissen". Bei allen Motoren, egal ob Zwei- oder Viertakt, ist das im Bereich der Totpunkte IMMER der Fall! Bei jeder Kurbelwellenumdrehung "reißt" also zweimal der Schmierfilm ab.......das ist ganz normal! Deshalb sind ja die Additive drin, die im Mischreibungsgebiet mit der Metalloberfläche reagieren - diese "quasi härten" (das stimmt so nicht ganz, würde aber einige dutzend Seiten füllen, deshalb sagen wir aus Zeit- und Platzgründen "härten"). Wie krass das Mischreibungsgebiet in die Grenzreibung übergeht (Grenzreibung = voller Metall-Metallkontakt, Öl+Additive findet man kaum noch in der Kontaktstelle) ist von der Viskosität und der Belastung abhängig. Belastung ist gegeben (Vollgas ), Temperatur hoch, Viskosität in der Kontaktstelle geht runter, Mischreibung geht in Grenzreibung über und dann kann es (thermische Ausdehnung sorgt vielleicht noch für engere Toleranzen) schon mal fies klemmen.
Jetzt kommt der Clou: welche Grundölsorte hat bei derartigen Bedingungen die besten Notlaufeigenschaften....ein Esteröl (nein, kein Mineralöl, das hat exakt null Notlaufeigenschaften) - und wo ist das Esteröl nur drin? In der sog. Teil- und Vollsynthese Aber Vorsicht....wenn Ester drin ist, heißt es Teil- oder Vollsynthese, aber nur weil es Teil- oder Vollsynthese heißt, gibt das keinen Hinweis auf das Vorhandensein von Estern
Was bedeutet das: in der Regel sollte der Zweitakter nicht zu warm (oder habt Ihr schon mal bei kühler EGT/CHT einen Klemmer bekommen?) laufen, also immer schon wegbleiben von den Limits
Festsitzende Ringe durch Ölkohle: das sollte eigentlich mit den JASO FC oder FD geprüften Ölen nicht mehr passieren. JASO FA läßt am meisten Verschmurgeln zu, FB fordert von allem mehr als FA usw., Verschleißanforderung von FB gilt dann auch für FC und FD. FC fordert zusätzlich geringere Reibwerte (viele denken sofort "toll = weniger Verschleiss", das stimmt aber nicht! Verschleiß und Reibwerte sind bei unterschiedlichen Ölformulierungen vollständig unabhängige Größen!)
Die einzige Forderung, die FD von FC unterscheidet, ist noch mehr Cleanliness.
Beste Grüße,
StS
P.S. noch kurz eine Erläuterung zum Thema Reibwert und Verschleiß:
Ihr nehmt ein Mineralöl als Grundöl:
- wenn Ihr daraus ein Schneidöl für die Metallbearbeitung machen wollt, gebt Ihr Additive zu, die dafür sorgen, dass das Öl bei großen Flächenlasten mit möglichst kleinen Reibwerten das Werkstück maximal verschleißt! Ihr wollt ja z.B. den Ring für ein Kugellager möglichst schnell und mit möglichst geringem Drehmoment auf das richtige Mass drehen können. Das Öl optimiert jetzt also einen maximalen Materialabtrag.
- aus dem gleichen Grundöl macht Ihr mit etwas anderen Additiven ein Öl für das o.g. Kugellager, welches jetzt ebenfalls kleine Reibwerte erzeugt, aber gleichzeitig den Materialabtrag minimiert!
In der Praxis passt man zwar die Viskosität noch an, aber grundsätzlich funktioniert das ganz genau so! Wenn sich also etwas leicht bewegen läßt, kann es sein, dass der Reibwert nur deshalb so niedrig ist, weil in dem Moment die Oberfläche der Reibpartner besonders gut abgetragen wird Es gibt Additive, die lassen nämlich z.B. Eisen in dem Moment quasi "zu Staub zerfallen"! In dem Moment werden auch alle Formeln, die in den ganzen Lehrbüchern mit irgendwelchen Flächenpressungen o.ä. arbeiten, völlig obsolet! Wer also die Oberflächenchemie nicht berücksichtigt, wird immer weit weg von der Wirklichkeit designen