Wie so oft: die Kette der kleinen, für sich genommen eher harmlos scheinenden Fehler, die zur Katastrophe führen können.
Nach zu kurzer Nacht und recht knappem Frühstück (1. Fehler; Gefühl im Bauch: super) in Zell am See bei gnadenlos schönem Spätsommerwetter gestartet. Nach kurzer Zwischenlandung Weiterflug nach Kempten. Dort Landung zum Mittagessen, denn wir schoben mittlerweile reichlich Kohldampf. Schnitzel mit Spiegelei und Bratkartoffeln (2. Fehler; Gefühl im Bauch: Hunger und Durst!). In der Mittagshitze dann zum Weiterflug nach Konstanz entschieden. Die Hitze und das fette Essen hinterlassen Spuren; wir fühlen und etwas müde und unkonzentriert. Obwohl wir beide gewissenhafte Flieger sind, vergessen wir glatt den selbstverständlichen Vorflugcheck (3. Fehler; Gefühl im Bauch: satt und müde, aber etwas unwohl). Kurz nach dem Abheben stelle ich fest, dass die Karten gut verstaut im unzugänglichen Gepäck geblieben sind (3. Fehler; der unwohl Teil im Bauch nimmt zu). Aber mit 2 GPS Geräten wiegen wir uns in ausreichender Sicherheit um weiterzufliegen. Da wir keinen Transponder an Bord haben, aber ohne Umweg nach Konstanz wollen, kommt die genial einfache Idee, die TMZ Friedrichshafen kurz vor dem Wegdösen doch einfach zu überfliegen. Kurzes Gespräch mit dem Lotsen, um unser Vorhaben anzukündigen. Der konnte unsere genial einfache Lösung irgendwie nicht nachvollziehen, denn er fragte explizit zwei Mal nach, ob wir wirklich keinen Transponder an Bord hätten. Ich wundere mich noch über seine Ladehemmung, bis dann von ihm eine kurze und scharfe Aufforderung zum direkten Verlassen der TMZ kommt. Da fällt es uns wie Schuppen von den Augen: die TMZ Friedrichshafen reicht bist 5000 MSL, und darüber braucht man bekanntlich sowieso einen Transponder. Dumm gelaufen, schlecht nachgedacht (Mittagsmüde; Gefühl im Bauch: Schweisse, so etwas mir!) Sofort wieder hellwach und mit eingezogenem Schwanz im schnellen Sinkflug aus der TMZ wieder raus. Ob es die plötzliche Hektik war oder das Fette Mittagessen auf fast nüchternen Magen. Jedenfalls hat der CO plötzlich glasig braune Augen und bittet um sofortige Landung auf dem nächsten Feld um nicht in den Sitz zu Ka ? (Gefühl im Bauch: Hektik wird langsam von anwachsender Unruhe und beginnender Kopflosigkeit abgelöst). Es wird extrem schwierig, bei Thermik und stöhnendem CO die ?Next Airport?-Taste am GPS zu finden. Nach zu vielen Fehlversuchen klappt es endlich. Mittlerweile habe ich die Orientierung verloren und verlasse mich nur noch auf das GPS. Schnell die Frequenz rein und angemeldet. Zum Glück ist die Piste auch schon in Sicht. Vom Türmer angesagte Pistenrichtung etc. schnell nachgebetet und direkt ins lange Endteil (Bauchgefühl: die Kopflosigkeit weicht zufriedener Anspannung: gleich ist es geschafft). Konzentriert auf den Aufsetzpunkt kommt da plötzlich eine Maschine im Steigflug direkt auf mich zu! Panik! Sofort nach links weg. Uff, gerade noch mal gut gegangen. Mist, die angesagte Pistenrichtung nicht mit Kompass abgeglichen und versehentlich die falsche Pistenrichtung gewählt (Xter Fehler; Bauchgefühl: nicht artikulierbar) Und da weder ICAO-Karte geschweige denn Anflugblatt vorlag ? Na ja, jetzt eben richtig herum. Mist, wir sind im Anflugbereich, der für die Segelflieger reserviert ist! Wieder heftige Ausweichmanöver. Der CO hat nicht nur braune, glasige Augen sondern ist mittlerweile irgendwie etwas versteinert. Keine große Hilfe. Dann sperrt der Türmer kurzerhand den Platz für Landungen, weil jetzt Springer aufsteigen wollen. Ich versuche, unsere Situation klar zu machen, aber das bringt diesen Urbajuwaren nicht ansatzweise aus der Ruhe. Egal, alles ignorieren, einfach weit ausgeholen und ab ins Endteil, dann runter. Mein CO wartet gar nicht, bis wir ausgerollt sind. Er reisst die Tür noch im rollen auf und rennt, als wäre der Tod selbst hinter ihm her. Beim Aussteigen merke ich, wie sehr ich am Zittern bin.
Wir reden noch heute über diesen Zwischenfall. 1.Wir gehen nur noch ausgeruht und gut gefühstückt auf Tour. 2. Wir hauen uns zum Mittag meist nur leichte Kost rein (Salat, evtl. mit Geflügelstreifen). 3.Nie mehr ohne Karte! 4. Im Anflug kurz die Pistenrichtung mit dem Kompass abgleichen!
Gruß
Jo
Die berühmte Kette
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