Erfahrungsbericht: BMW-Motor als Flugmotor in einer Remos

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AlterFlieger
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Erfahrungsbericht: BMW-Motor als Flugmotor in einer Remos

Beitrag von AlterFlieger » Di 26. Nov 2013, 10:24

Moin zusamen,

zwar wird mit diesem Beitrag das Rad nicht neu erfunden - es wurde ja schon in diesem Forum über den BMW Motor diskutiert - allerdings könnten Umbau- und Flugerfahrungen für dein Einen oder Anderen von uns doch nützlich sein.

Meine Fliegerei begann vor 6 Jahren mit dem Kauf einer Remos Gemini (siehe Marktplatz) mit einem Rotax 582. Ich war gerade Rentner geworden und Fluganfänger, ich flog und ich war glücklich. Die Flugeigenschaften waren und sind sehr gutmütig, allerdings soff der Motor wie ein durstiges Kamel, ca. 15 Liter in der Stunde plus Öl und das machte mich nicht mehr so glücklich. Nach einem Jahr Flugerfahrung sollte ein anderer Motor rein und da kam nur ein BMW Motor in Frage, da ich mir den 912 nicht leisten konnte. Und damit komme ich zum ersten (administrativen) Teil:

Egal welches Muster umgebaut werden soll und egal welchen Motor ihr im Auge habt, erst das/die Gerätekennblätter und die Einzelzulassungen überprüfen, ob bereits ein Umbau auf den gewünschten Motor erfolgreich durchgeführt wurde – ansonsten kann es sehr teuer werden. In meinem Falle flog bereits eine Remos mit BMW Motor. Den „Umbauer“ habe ich kontaktiert und sehr viel Hilfe erhalten – insbesondere was die notwendigen Unterlagen für die fällige Einzelzulassung anbetrifft. Es müssen sämtliche Unterlagen für den Umbau eingereicht werden und zwar: Genehmigung des Herstellers, Festigkeitsberechnungen für den Motorträger, Nachweis der Festigkeit am Flieger durch Belastungstests, Lärmmessung mit dem neuen Motor/Propeller/Abgasanlage, Nachweis der Bodenerprobung, Bestätigung durch einen Prüfer, VVZ mit Flugerprobung usw. Ist bereits ein Umbau erfolgt, so reichen Kopien dieses Umbaus aus. Man muss sich also nur mit dem „Umbauer“ einig werden, was in meinem Fall mit Zahlung einer „Nutzungsgebühr“ gelang. Ist das geklärt sollte man sich mit dem DULV oder DAeC zusammensetzen und die geplanten Umbauten und vorhandenen Dokumente als Grundlage für eine erneute Zulassung unbedingt s c h r i f t l i c h bestätigen lassen. Ist das erledigt kann man den „Antrag auf Änderung am zugelassenen Muster“ schon mal downloaden. Jetzt braucht man nur noch einen Prüfer der Klasse 5, der den Umbau begleitet, kontrolliert, gegenzeichnet und abstempelt – den hatten wir zum Glück im Verein.

Ein kleiner Vorspann für den Interessierten, ein großer für mich – ich habe über 2 Jahre auf meine Zulassung gewartet.

Jetzt komme ich zum interessanten (technischen) Teil:

Der Motorträger wurde gemäß den Konstruktionsplänen/Festigkeitsberechnungen von einer Fachfirma angefertigt. Den BMW-Motor habe ich zusammen mit dem Rotax C-Getriebe/Takeoff Feilauf günstig ersteigert. Der Kaufpreis kam durch den Verkauf des 582igers wieder rein. Der Propeller ist geblieben und die Abgasanlage habe ich vom „Umbauer“ abstauben können – soweit so gut.

BMW-Motorräder haben den Auspuffkrümmer zwecks Kühlung immer in Fahrtrichtung. Nutze ich den BMW-Motor als "pusher" z.B. Sunny, Trikes oder Skywalker kann der Motor so belassen werden, da der Krümmer in Flugrichtung zeigt. Wird der Motor allerdings, wie in meinem Fall als "puller" verwendet, muss er umgebaut werden. Die Zylinderköpfe werden getauscht von rechts nach links, bzw. links nach rechts und damit zeigen dann auch die Auslässe in Flugrichtung. Laufen wird er so jedoch nicht, da die originale Nockenwelle dafür nicht geeignet ist - also die endsprechend geeignete Nockenwelle kaufen und einbauen. Jetzt würde der Motor schon laufen – allerdings nur kurz und dann mit einem kapitalen Motorschaden den Geist aufgeben. Die Kolben haben unterschiedliche Aussparungen für das Ein- bzw. Auslassventil und da die Zylinderköpfe getauscht wurden rauschen die Kolben gegen die Ventile – und das gleichzeitig und heftig, denn wir haben ja gerade einen 1000 ccm Boxermotor gekillt. Also vorher die Kolbenaussparungen ausfräsen. Die Kolben dürfen übrigens nicht gedreht werden, da sie leicht außermittig konstruiert wurden, gekennzeichnet mit einem kleinen Pfeil auf der Kolbenoberseite. Jetzt aber – Zündung an, Choke voll gezogen und gestartet – dann andächtiges Lauschen, was für ein sound. Ich hatte mir einen Teststand gebaut und stand glückselig mit wehenden Haaren hinter meinem grummelndem Motor.

Wenige Tage später war der Motor und die übrigen Komponenten in die Remos eingebaut und die Bodenerprobung konnte beginnen. Nicht gefallen hat mir dabei die Original BMW Zündung, die mechanisch bedingt, etwas zu ungenau arbeitet. Sie verfügt zwar auch ober einen Hallgeber, dieser wird jedoch von der Nockenwelle angesteuert und diese ist wiederum über eine Kette mit der Kurbelwelle verbunden - sie wurde gegen eine elektronische Doppelzündung von Silent Hektik getauscht. Diese hat den Hallgeber direkt auf der Lichtmaschine/Kurbelwelle und arbeitet sehr präzise. Natürlich mussten auch die Zylinderköpfe noch mal runter und mit einer zweiten Zündkerzenbohrung versehen werden. Der Original BMW Ölkühler wurde gegen einen Alu-Ölkühler von Racimex getauscht. Inzwischen hatte ich auch gelernt, wie wichtig das sychronisieren der Vergaser ist. – Kurzum alles war bestens und ich wieder glücklich.

Was jetzt kommt muss man nicht machen – da ich aber kein gelernter BMW-Mechaniker bin, habe ich den Motor wieder ausgebaut und zur Grundüberholung in die BMW-Werkstatt gegeben. Das kostet etwa 2300.--Euronen aber dafür habe ich einen quasi neuen Motor im Flieger – und das ist auch gut so.

Ich fliege die Remos in dieser Konfiguration schon mehrere Jahre - etwa 150 Stunden. Bisher ohne Probleme bei 8-10 Litern in der Stunde. Die jährliche Wartung beschränkt sich auf die Kontrolle des Ventilspiels, den Öl- und Filterwechsel, Kerzenwechsel sowie den Austausch des Benzinfilters. Kosten: 50.—Euros.

Jetzt noch einige Daten:

Motor: BMW R 100 RS, ca. 65 PS, Luftkühlung
Getriebe: Rotax C, i = 3.0, Freilauf von Takeoff
Drehzahl: 6200 Stand, 4800- 5000 im Flug
Ölkühler: Racimex 14
Vergaser: 2 Bing 40iger mit 155iger Düsen
Airbox: Carbon-Eigenbau ca. 4 L
Zündung: Doppelzündung von Silent Hektik, 2 Zündkreise, 2 Zündspulen
Kolben: geschmiedete Kolben von Siebenrock, Verdichtung 9,5:1
Abgasanlage: Eigenbau „Müller-Anlage“
Gewicht: ca. 73kg
Propeller: Original 4-Blatt Remos Lolli

Noch ein Wort zu den Kosten:

Sollten Unterlagen über einen bereits erfolgten Umbau vorliegen, so belaufen sich die DAeC- bearbeitungsgebühren auf etwa 1.000.-- (darin enthalten sind etwa 400.-- für einen externen Gutachter zur Begutachtung der bereits begutachteten Gutachten). Kommt eine Lärmmessung dazu sind weitere 1.000.-- fällig. Und hast du keine Unterlagen wird’s richtig teuer.

Die Kosten für die Technik sind sehr variabel und richten sich stark nach dem eigenem Können – ich kann z. B. nicht WIG-Schweissen und eine Generalmotorüberholung würde ich auch nicht angehen.

Last but not least: BMW R 100 RS Tuning

Für den Motor wird ein BigBore Kolben und Zylindersatz angeboten: 80 PS

Bei SilentHektik gibt’s eine Einspritzanlage, die der absolute Hammer ist. Das Motormanagement kann über ein PC-Programm online optimiert werden und die Leistung geht dann wohl Richtung < 90 PS. Ich weiß wovon ich rede, denn ich hab`s ausprobiert und mit meinem Laptop auf den Knien im Cockpit Zündzeitpunkt und Fuelmapping optmiert. Wenn man dann per ENTER die Daten an den laufenden Motor schickt und der plötzlich 1.000 Umdrehungen mehr dreht, wird einem schon warm ums Herz (die Remos stand dabei angebunden und gesichert am Boden). Letztlich habe ich alles wieder auf Vergaser zurückgerüstet – es handelt sich dabei nämlich um eine "Änderung am zugelassenen Muster" – siehe oben und ohne Kommentar.

Soweit meine Umbauerfahrungen – und ruhig mal in den Marktplatz schauen.

Gruß
Fiete
Stephan
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Beitrag von Stephan » Di 26. Nov 2013, 15:13

Hallo Fiete, herzlich willkommen und danke für diesen schönen Erfahrungsbericht. Ich bin immer wieder voller Bewunderung wenn es Leute auf sich nehmen diesen Spiessrutenlauf durch die deutsche Bürkratie anzutreten um hernach das zu haben was sie wirklich wollen. Ich glaube ich würde persönlich eher mit Mordlust und ensprechendem Material zur Zulassung laufen... :-)) Zwei Jahre.... das ist heftig! Ich darf Dich also zweimal beglückwünschen. Erstens zu Deinem Flieger und zweitens zu Deiner erstaunlichen Geduld.

Gruss Stephan
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powerandpitch
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Beitrag von powerandpitch » Di 26. Nov 2013, 16:00

Moin Fiete,

ein schöner und umfassenden Bericht hast Du da geschrieben.

Mit dem BMW-Umbau liebäugle ich auch schon seit einer ganzen Weile. Den Motor kenne ich aus meiner Behördenschrauberzeit in und auswendig. Plötzlich verreckt ist keiner von denen, sondern hat erst auf "Ölsardine" und Leistungsverlust gemacht, bevor etwas Ernsthaftes auf dem Zettel stand.

Gewichtsmäßig müsste man aus dem Teil noch so einiges herauskitzeln können?

Mit "Herrn Hylla" stand ich auch schon einmal in Kontakt. Hab die Sache dann aber wieder verworfen, nachdem der 582er schön brav seinen Dienst verrichtet hat.

Mich nervt am 582er der Spritverbrauch, der bei 12 (einsitzig) bis 15 Litern (zweisitzig + höhere Aussentemperatur) liegt. Plus das Gepansche mit dem Öl.

Ganz besonders geht mir die Optik des 582er auf den Sack. Selbst, wenn man sich Mühe gibt, ist das eine zusammengefrickelte Schlauchschellensammlung.
Richtig motorisiert fliegt alles.
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