mal anders
Moderator: Moderatorenteam
mal anders
Fliegen lernen wollte ich schon immer. Meinen ersten, zarten Versuch im Alter von 14 Jahren lies ich schnell bleiben. Fliegen lernen ging nur bei der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) und die wollten von mir, dass ich mich im Gegenzug als Berufsoffizier bei der NVA verpflichte. Blöd war nur, dass ich durch Ältere bereits wusste, was einen da erwartet. Der Preis war eindeutig zu hoch. Mir blieb nur übrig, die umliegenden Bibliotheken zu plündern und alles über Flugzeuge zu lesen, dass mir zwischen die Finger kam.
Zehn Jahre später gabs die Mauer schon eine Weile nicht mehr, ich verdiente meine mageren Brötchen mit dem Restaurieren von Flugzeugen und fliegen lernen wollte ich immer noch. Das Problem waren nur die Mondpreise, die man dafür verlangte. Eines Tages dann in der Zeitung eine Beilage. "Flugwettbewerb! 1.Preis ein PPL- A!" Ich dachte bloß: " Meiner!" und lies mir die Unterlagen kommen.
Nach deren Studium hatte ich ein neues Problem. Schnell war klar, dass ich etwas brauchte, dass schon bei 20 km/h fliegt und eine Spannweite von weniger als 7m hat. Zum Glück fiel mir etwas wieder ein. Irgendwo hatte ich da doch was gesehen. Im Flugsport, Jahrgang 1920, fand ich es und wusste nun, wie man gewinnen kann. Die Lösung war ein frisierter Pelzner- Gleiter.
Was ich auch wusste, war, dass man den Selbstbau von Flugzeugen anmelden muß. Praktisch hies es: "Mitglied hier werden - Gebühr da bezahlen - Bauprüfer musste ooch blechen - Ach ja! Und die Gebühr und die und die und die auch noch." Meine paar Kröten reichten aber nur gerade so für´s Baumaterial und nach westlicher Freiheit klang das Ganze überhaupt nicht.
Die simple Lösung: "Dann halt illegal!" und los gings.
Zwischen Weichnachten und Neujahr machte ich die Zeichnungen und Stücklisten. Im Januar kam das erste Material und im April waren die Flächen fertig. Bis Juli wurden Rumpf und Beschläge gebaut, von gelegentlicher Prostitution als Bauhelfer unterbrochen, und im August stand die Mühle fertig vor mir. Die Waage blieb bei unter 20 kg stehen. Cool. Kein Fitzel Karbon in der Mühle. Nur Fichte, Sperrholz und St 35. Und trotzdem war sie leichter als jeder Hightech- Hängegleiter.
Inzwischen hatte ich auch eine Startmannschaft beisammen und die wollte jetzt Fakten sehen. Also ab in den nächsten Park und rauf auf den Hügel.
Irgendwie war mir mulmig. Ich hatte da doch noch ein paar Fragen aber wegen "illegal" konnte ich die nicht klären. Was ich zuerst lernte war, dass Anstellwinkel beim Laufstart eine große Rolle spielen. Nach ein paar Versuchen segelte ich dann wirklich den Hügel hinab. Mann Oh Mann! An das Gefühl kommt keine Frau und keine Droge ran.
Die Mühle funktionierte und meine Mannschaft schuf deshalb gleich neue Fakten: "Her mit dem Startwagen und dann richtig mit Affenzahn den Berg runter!".
Mein Einwand beschränkte sich auf: "Ähem, ick wollt eigentlich noch so...". Nix da! Sekt oder Selters war die Devise! Ich weis noch das mein Kopf mit: " Schei..e, Schei..e, wenn jetzt was kaputt geht." voll war und los gings. Bei diesem Flug lernte ich den Begriff "Strömungsabriss" mit Leben zu füllen. Zusätzlich kostete er mich einen Randbogen und die nächste Nacht in der Werkstatt.
Dann der große Tag. Mit den letzten Mäusen hatte ich einen Transporter gemietet und ab gings zum Wettbewerb vom Bonbonwasser- Produzenten. Der Vogel war schnell aufgebaut und die Zeit bis zum Start vertrieb ich mir mit einem Blick auf die Konkurrenz.
Der Gang durch die Reihen befriedigte: "Flugunfähig - flugunfähig - flugfähig aber zu schwer - flugunfähig - flugunfähig - MIST!". Da waren sie! "Walrus & The Dorfies"! "Walrus", ein Gruppenleiter mit beeindruckendem Schnauzbart und als "Dorfies" 12 Jungs vom Lande. Sie hatten etwas gebaut, das man heute als ultraleichtes Segelflugzeug kennt.
Die meinten es ernst! Genau wie ich! "Walrus" muß meinen irren Blick aufgeschnappt haben. Jedenfalls stand er 5 Minuten später an meinem Flieger und blickte nicht weniger irr. Die Sache war klar. Der Sieg würde zwischen uns entschieden werden und niemandem sonst.
"Walrus & The Dorfies" waren vor uns dran und jetzt wurde es richtig schlimm. Sie hatten nicht nur einen 1A Flieger, sondern auch einen cleveren Flaschenzug aus Autofelgen dabei, der sie locker mit 50 Sachen vom Startpodest katalpultieren würde.
Dann gings los. Ihr Vogel schoss davon. Zwei Meter vor Ende des Podests ein lauter Knall. Der Vogel stoppt abrupt. Splitter überall. Der Pilot, alle viere von sich, flog einfach ohne Flugzeug weiter und landete im See. Ich flitzte zum Wasser und half, ihn an Land zu ziehen. Gott sei Dank war nichts passiert. Der Vogel hing mit geknickten Flügeln am Podest und jetzt wurde klar, was passiert war. Ein zu neugieriger Kameramann hatte sich nebst Arbeitsgerät in der Nasenleiste verbissen.
Eine Stunde später waren wir dran. Das Wetter war inzwischen noch lausiger, der Wind hatte auf 90 Grad zur Bahn gedreht und blies in Böen mit Windstärke 5. Keine guten Karten, wenn man mit Gewichtsverlagerung steuert. Kurz überlegte ich, ob ich die ganze Sache abblase. Dann: "Nee, wir zieh´n dit jetzt durch. Ick will den verdammten Schein haben!".
Außerdem hatte ich ein gutes Flugzeug und Wetter war ja nicht so wichtig.
Dank Hannah Reitsch´s Biografie wusste ich was von mentalem Training und hatte über Wochen den Startablauf immer wieder vor dem Einschlafen durchgespielt. Jetzt kam bloß noch eine 90 Grad Kurve gleich nach den Start und in den Wind dazu, um die weiteste Strecke zu fliegen.
Als Startmusik hatte ich "TNT" von AC/DC gewählt und nach den ersten Takten fingen die Zuschauer an zu toben.
Bei "Coz I´m TNT..." hielt uns nichts mehr und ab ging die Post. Zu meiner Überraschung klappte der Start. Ich war gut vom Podest weg gekommen und wollte in den Wind drehen. Denkste! Statt dessen kam eine Hammerbö und ich lernte wieder was neues. Messerflug!
Gewichtsverlagerung konnte ich voll vergessen und zu "...watch me explooooode..." schlug ich auf. Das nächste was ich merkte war, wie mir jemand zwischen die Beine griff. Mein erster erster Gedanke war: " Nee, nich dit jetzt ooch noch." dann: "Achso, Rettungsschwimmer."
Zurück am Strand zog ich meine erste Bilanz. Pleite, Flieger im Eimer, PPL- A futsch und sehr viel Aua. Gute Menschen gaben mir vor Ort noch Alkohol.
Den PPL- A habe ich immer noch nicht. Nur Segelflug so ganz solide von der Flugschule. Inzwischen bin ich auch gar nicht mehr scharf auf E- Klasse und froh über die LL´s.
Zehn Jahre später gabs die Mauer schon eine Weile nicht mehr, ich verdiente meine mageren Brötchen mit dem Restaurieren von Flugzeugen und fliegen lernen wollte ich immer noch. Das Problem waren nur die Mondpreise, die man dafür verlangte. Eines Tages dann in der Zeitung eine Beilage. "Flugwettbewerb! 1.Preis ein PPL- A!" Ich dachte bloß: " Meiner!" und lies mir die Unterlagen kommen.
Nach deren Studium hatte ich ein neues Problem. Schnell war klar, dass ich etwas brauchte, dass schon bei 20 km/h fliegt und eine Spannweite von weniger als 7m hat. Zum Glück fiel mir etwas wieder ein. Irgendwo hatte ich da doch was gesehen. Im Flugsport, Jahrgang 1920, fand ich es und wusste nun, wie man gewinnen kann. Die Lösung war ein frisierter Pelzner- Gleiter.
Was ich auch wusste, war, dass man den Selbstbau von Flugzeugen anmelden muß. Praktisch hies es: "Mitglied hier werden - Gebühr da bezahlen - Bauprüfer musste ooch blechen - Ach ja! Und die Gebühr und die und die und die auch noch." Meine paar Kröten reichten aber nur gerade so für´s Baumaterial und nach westlicher Freiheit klang das Ganze überhaupt nicht.
Die simple Lösung: "Dann halt illegal!" und los gings.
Zwischen Weichnachten und Neujahr machte ich die Zeichnungen und Stücklisten. Im Januar kam das erste Material und im April waren die Flächen fertig. Bis Juli wurden Rumpf und Beschläge gebaut, von gelegentlicher Prostitution als Bauhelfer unterbrochen, und im August stand die Mühle fertig vor mir. Die Waage blieb bei unter 20 kg stehen. Cool. Kein Fitzel Karbon in der Mühle. Nur Fichte, Sperrholz und St 35. Und trotzdem war sie leichter als jeder Hightech- Hängegleiter.
Inzwischen hatte ich auch eine Startmannschaft beisammen und die wollte jetzt Fakten sehen. Also ab in den nächsten Park und rauf auf den Hügel.
Irgendwie war mir mulmig. Ich hatte da doch noch ein paar Fragen aber wegen "illegal" konnte ich die nicht klären. Was ich zuerst lernte war, dass Anstellwinkel beim Laufstart eine große Rolle spielen. Nach ein paar Versuchen segelte ich dann wirklich den Hügel hinab. Mann Oh Mann! An das Gefühl kommt keine Frau und keine Droge ran.
Die Mühle funktionierte und meine Mannschaft schuf deshalb gleich neue Fakten: "Her mit dem Startwagen und dann richtig mit Affenzahn den Berg runter!".
Mein Einwand beschränkte sich auf: "Ähem, ick wollt eigentlich noch so...". Nix da! Sekt oder Selters war die Devise! Ich weis noch das mein Kopf mit: " Schei..e, Schei..e, wenn jetzt was kaputt geht." voll war und los gings. Bei diesem Flug lernte ich den Begriff "Strömungsabriss" mit Leben zu füllen. Zusätzlich kostete er mich einen Randbogen und die nächste Nacht in der Werkstatt.
Dann der große Tag. Mit den letzten Mäusen hatte ich einen Transporter gemietet und ab gings zum Wettbewerb vom Bonbonwasser- Produzenten. Der Vogel war schnell aufgebaut und die Zeit bis zum Start vertrieb ich mir mit einem Blick auf die Konkurrenz.
Der Gang durch die Reihen befriedigte: "Flugunfähig - flugunfähig - flugfähig aber zu schwer - flugunfähig - flugunfähig - MIST!". Da waren sie! "Walrus & The Dorfies"! "Walrus", ein Gruppenleiter mit beeindruckendem Schnauzbart und als "Dorfies" 12 Jungs vom Lande. Sie hatten etwas gebaut, das man heute als ultraleichtes Segelflugzeug kennt.
Die meinten es ernst! Genau wie ich! "Walrus" muß meinen irren Blick aufgeschnappt haben. Jedenfalls stand er 5 Minuten später an meinem Flieger und blickte nicht weniger irr. Die Sache war klar. Der Sieg würde zwischen uns entschieden werden und niemandem sonst.
"Walrus & The Dorfies" waren vor uns dran und jetzt wurde es richtig schlimm. Sie hatten nicht nur einen 1A Flieger, sondern auch einen cleveren Flaschenzug aus Autofelgen dabei, der sie locker mit 50 Sachen vom Startpodest katalpultieren würde.
Dann gings los. Ihr Vogel schoss davon. Zwei Meter vor Ende des Podests ein lauter Knall. Der Vogel stoppt abrupt. Splitter überall. Der Pilot, alle viere von sich, flog einfach ohne Flugzeug weiter und landete im See. Ich flitzte zum Wasser und half, ihn an Land zu ziehen. Gott sei Dank war nichts passiert. Der Vogel hing mit geknickten Flügeln am Podest und jetzt wurde klar, was passiert war. Ein zu neugieriger Kameramann hatte sich nebst Arbeitsgerät in der Nasenleiste verbissen.
Eine Stunde später waren wir dran. Das Wetter war inzwischen noch lausiger, der Wind hatte auf 90 Grad zur Bahn gedreht und blies in Böen mit Windstärke 5. Keine guten Karten, wenn man mit Gewichtsverlagerung steuert. Kurz überlegte ich, ob ich die ganze Sache abblase. Dann: "Nee, wir zieh´n dit jetzt durch. Ick will den verdammten Schein haben!".
Außerdem hatte ich ein gutes Flugzeug und Wetter war ja nicht so wichtig.
Dank Hannah Reitsch´s Biografie wusste ich was von mentalem Training und hatte über Wochen den Startablauf immer wieder vor dem Einschlafen durchgespielt. Jetzt kam bloß noch eine 90 Grad Kurve gleich nach den Start und in den Wind dazu, um die weiteste Strecke zu fliegen.
Als Startmusik hatte ich "TNT" von AC/DC gewählt und nach den ersten Takten fingen die Zuschauer an zu toben.
Bei "Coz I´m TNT..." hielt uns nichts mehr und ab ging die Post. Zu meiner Überraschung klappte der Start. Ich war gut vom Podest weg gekommen und wollte in den Wind drehen. Denkste! Statt dessen kam eine Hammerbö und ich lernte wieder was neues. Messerflug!
Gewichtsverlagerung konnte ich voll vergessen und zu "...watch me explooooode..." schlug ich auf. Das nächste was ich merkte war, wie mir jemand zwischen die Beine griff. Mein erster erster Gedanke war: " Nee, nich dit jetzt ooch noch." dann: "Achso, Rettungsschwimmer."
Zurück am Strand zog ich meine erste Bilanz. Pleite, Flieger im Eimer, PPL- A futsch und sehr viel Aua. Gute Menschen gaben mir vor Ort noch Alkohol.
Den PPL- A habe ich immer noch nicht. Nur Segelflug so ganz solide von der Flugschule. Inzwischen bin ich auch gar nicht mehr scharf auf E- Klasse und froh über die LL´s.
Stephan, Erkki. Bonjour & Dank für Eure Kommentare!
Ich denke die Vor- und Nachteile meiner Variante wurden deutlich.
Wenn´s dann noch zum Schmunzeln gebracht hat, hat es seinen Zweck erfüllt.
Ich zähl die Tage bis zum 23.3. und dann kann ich endlich mit meinem LL loslegen. Wie iss´n dit Fliegen mit Käfern im Mund so?
Ich denke die Vor- und Nachteile meiner Variante wurden deutlich.
Wenn´s dann noch zum Schmunzeln gebracht hat, hat es seinen Zweck erfüllt.
Ich zähl die Tage bis zum 23.3. und dann kann ich endlich mit meinem LL loslegen. Wie iss´n dit Fliegen mit Käfern im Mund so?
Dank Dir Flyman!flyman hat geschrieben:Man Icke,
Du hast nicht nur die Gene sondern auch noch Fliegerblut in deinen Adern. Otto wäre stolz auf Dich.
Weiterhin Hals und Beinbruch alter Flieger und grüss mir die Sonne
Jünter
Ich habe vor ein paar Jahren ein paar Briefe von Otto aufgegabelt. Den letzten hat er eine Woche vor seinem Absturz geschrieben und in der Korrespondenz zwischen ihm und einem Ing. in Süddeutschland ging es hauptsächlich um geeignete Fluggelände für Gleitflieger.
Otto mag ick sehr. Hans Grade is aber ooch cool.
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- Beiträge: 238
- Registriert: Mi 18. Apr 2007, 15:50
- Wohnort: Colonia Ulpia Traiana
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- Beiträge: 295
- Registriert: Mo 10. Sep 2007, 19:45
- Wohnort: Nordoberpfalz ;-)
Aberhallo,
Z.B. den: http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Ludwig_Berblinger
Servus: Siggi
lautta preissn, äää, Nordlichter, nimm doch bitte wenigstens einen "Südländer" dazuFlachstelle hat geschrieben:Otto Lilienthal, Hans Grade, Karl Jatho...und jetzt noch Icke!
Z.B. den: http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Ludwig_Berblinger
Servus: Siggi
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- Beiträge: 238
- Registriert: Mi 18. Apr 2007, 15:50
- Wohnort: Colonia Ulpia Traiana
Siggi, Flachstelle,SierraGolf hat geschrieben:Aberhallo,lautta preissn, äää, Nordlichter, nimm doch bitte wenigstens einen "Südländer" dazuFlachstelle hat geschrieben:Otto Lilienthal, Hans Grade, Karl Jatho...und jetzt noch Icke!
Z.B. den: http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Ludwig_Berblinger
Servus: Siggi
Paul von Gans würde funktionieren. "Südländer" und dazu noch was auf die Reihe bekommen. Der Bleriot im Deutschen Museum war seiner und dazu hat er noch die 1. bayerische Fliegerschule gegründet und ein Luftschiff gebaut, mit dem er über den Atlantik fliegen wollte. Letzteres fand nur deshalb nicht statt, weil der 1.WK losging.
Der Mann ist leider totgeschwiegen worden, weil Siggi´s Landesherren der Meinung waren, dass es nicht sein darf, dass ein Privater die Fliegerei in Bayern gestartet hat und nicht die bay. Armee.
Seine Tochter war sogar noch viel, viel cooler.